Anfang Mai – Voller Staunen blicke ich in die erblühende Natur. Überall sprießt junges Grün hervor. Wo noch vor kurzem alles kahl und trist war, sehe ich nun weiß, gelb und rosa. Glitzernde Sonnenstrahlen brechen sich auf den zarten Blättern. Frischer Duft steigt mir in die Nase. Um mich herum ertönt fröhliches Vogelgezwitscher. Ich erinnere mich an letztes Jahr, als ich in Schweden war. Nach Monaten der Dunkelheit, der Kälte und der Kahlheit kam als erstes die Sonne wieder, bevor Ende April, genau zu Ostern, plötzlich die Natur explodierte und sich im Mai zu ihrer vollen Blüte entfaltete. Auf einmal war alles in bunte Farben und warmes Licht getaucht. Wie die Tage länger wurden, so nahm von Tag zu Tag die Farbenpracht der Pflanzen zu. Wie wohltuend war doch diese Fülle nach dem langen Winter! Ein Anblick, der wahrhaft nur Staunen zuließ.

Die Zeit zwischen Ostern und Pfingsten – eine Festzeit, Feier der Auferstehung, Zeit der Freude. Für die Jünger Jesu vielleicht auch eine Zeit des Staunens, Zeit des Begreifens des Unbegreifbaren. Oft sitzen sie voller Angst hinter verschlossenen Türen. Noch haben sie nicht den Mut die Botschaft in die Welt zu tragen. Diesen Mut bekommen sie erst an Pfingsten, erst als sie den Heiligen Geist empfangen. Die 50 Tage waren notwendig, um Kraft zu schöpfen, um zu begreifen und um zu staunen.

Mai, der Marienmonat, steht auch in Parallelität zum Oktober, dem anderen Monat der Farbenexplosion. Auch den Herbst habe ich in Schweden in neuer Intensität erlebt. Eine ungekannte Farbenkraft ließ die Bäume leuchten, als wollten sie mich auffordern, ihre Pracht in mich aufzusaugen und mich für die lange Dunkelheit zu sättigen. Gerne nahm ich den Trank an, bevor ich erneut würde kosten können von der Blüte des Frühlings. Auch der Oktober ein Monat der staunenden Betrachtung. Mai und Oktober, vielleicht auch deswegen Marienmonate, ist ja auch Maria die Beobachtende, die Im-Herzen-Bewahrende, die Annehmende, die Staunende.

Manchmal brauchen wir sie auch in unserem Leben, die Zeiten der staunenden Freude. Zeit zum Kraft schöpfen, Zeit zum Beobachten, Zeit zum Begreifen. Dann können wir wieder gestärkt hinaus gehen in die Welt.

Ausschnitte aus © gerne-katholisch.de – hier: Impuls von R.M.Hafner, sie studiert katholische Theologie in Frankfurt.